Was kommt nach der Nullzinspolitik?

Bild: Kiefer EZB 2014

Seit der Finanzkrise 2007/08 hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen kontinuierlich gesenkt, im März 2016 auf 0%. Die Nullzinspolitik ist unter Ökonom/innen umstritten. Inzwischen mehren sich Stimmen in Wirtschaft und Politik, die eine Rückkehr zur geldpolitischen Normalität fordern. Doch was kommt nach der Nullzinspolitik?

Überschreitet die EZB ihre Kompetenzen?

An der Nullzinspolitik ist vor allem Eines umstritten: ob die EZB auf diese Weise eine aktive Konjunkturpolitik betreiben darf oder nicht. Die Befürworter/innen argumentieren: Wenn Unternehmen günstige Kredite erhalten, dann können diese mehr investieren und Arbeitsplätze schaffen. Kritiker/innen halten dagegen, dass es nicht Aufgabe der EZB sei, die Wirtschaft anzukurbeln, dafür seien die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten zuständig (Ministerrat und Kommission). Diese verlassen sich bislang einfach auf die EZB und deren Politik des billigen Geldes, anstatt sich selbst um eine progressive Wirtschafts- und Fiskalpolitik zu bemühen.

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Geld, Geldanlage, Zinsertrag

Christine und Hagen Graf

Die Begriffswelt der Geld- und Finanzwirtschaft erscheint vielen unklar und verwirrend. Wenn von Geld, Geldanlage, Kredit und Zinsen die Rede ist, dann tun sich sehr bald Verständnisprobleme auf. Eine korrekte Definition und Verwendung der Begriffe ist allerdings Voraussetzung dafür, geld- und finanzwirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Zwischen Geld und Geldanlage unterscheiden

Der Begriff Geld umfasst im engeren Sinne Münzen, Banknoten und Girokonten und dient dem Zahlungsverkehr. Wenn man sein Geld auf der Bank anlegt, dann ist dies eine Geldanlage, die in der Regel mit einem Zinsertrag verbunden ist. Der Zinsertrag erfüllt gleich zwei wichtige Zwecke. Die Leute legen das Geld, das sie nicht für Zahlungszwecke benötigen, auf der Bank an. Die Bank verbucht dies als Spareinlage und vergibt im Gegenzug Kredite an andere Wirtschaftsteilnehmer.

Die Reichen werden immer reicher

Doch leider hat die heutige Geld- und Kreditwirtschaft auch gravierende Nachteile. Personen mit hohen Geldvermögen werden durch Zins- und Zinseszins immer reicher. Dies ist eine Systemeigenschaft der Geldwirtschaft und geschieht ganz von selbst, ohne Zutun der Vermögenden. „Geld, Geldanlage, Zinsertrag“ weiterlesen

Mit der Geldwirtschaft verhält es sich wie mit einem Pferd

Ein gut dressiertes Pferd muss sowohl traben als auch still stehen können und beides möglichst folgsam und auf Anweisung der Reiterin. Auch das Geld erfüllt zwei Funktionen: Zum Einen dient es als Zahlungsmittel und zum Anderen als Geldanlage. Geld, das seine Zahlungsfunktion erfüllt, gleicht einem trabenden Pferd, und eine Geldanlage gleicht einem Pferd, das still steht.

Die verschiedenen Geldfunktionen
Bild: Sofie Dittmer

Geld fungiert zunächst als Zahlungsmittel in Form von Bar- und Giralgeld. Es erfüllt überall dort Zahlungsfunktion, wo Transaktionen getätigt werden, d. h. wo gekauft und verkauft wird. Geld geht von Hand zu Hand, läuft um, vergleichbar mit einem trabenden Pferd. Geldanlagen hingegen sind Spareinlagen wie Tages- und Festgeldkonten und sichere Staatsanleihen, vergleichbar mit einem Pferd, das still steht.

Mit einem Pferd, das nur herumsteht, ist keinem gedient. Ebenso verhält es sich mit Geldern, die unproduktiv auf Bankkonten parken. Das sind vor Allem kurzfristige Anlagen auf dem Geldmarkt, z. B. Tagesgeldkonten, auf die man praktisch jeden Tag zugreifen kann. Diese Gelder kann die Bank nicht so ohne Weiteres langfristig verleihen und fehlen der Realwirtschaft für langfristige Investitionen.

Geldanlagen höher besteuern

Eine erfahrene Reiterin wird ein stehendes Pferd am Zügel führen, damit es sich in Bewegung setzt. In diesem Sinne kann auch der Staat Maßnahmen ergreifen, um parkende Gelder wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. „Mit der Geldwirtschaft verhält es sich wie mit einem Pferd“ weiterlesen