Mit der Geldwirtschaft verhält es sich wie mit einem Pferd

Ein gut dressiertes Pferd muss sowohl traben als auch still stehen können und beides möglichst folgsam und auf Anweisung der Reiterin. Auch das Geld erfüllt zwei Funktionen: Zum Einen dient es als Zahlungsmittel und zum Anderen als Geldanlage. Geld, das seine Zahlungsfunktion erfüllt, gleicht einem trabenden Pferd, und eine Geldanlage gleicht einem Pferd, das still steht.

Die verschiedenen Geldfunktionen
Bild: Sofie Dittmer

Geld fungiert zunächst als Zahlungsmittel in Form von Bar- und Giralgeld. Es erfüllt überall dort Zahlungsfunktion, wo Transaktionen getätigt werden, d. h. wo gekauft und verkauft wird. Geld geht von Hand zu Hand, läuft um, vergleichbar mit einem trabenden Pferd. Geldanlagen hingegen sind Spareinlagen wie Tages- und Festgeldkonten und sichere Staatsanleihen, vergleichbar mit einem Pferd, das still steht.

Mit einem Pferd, das nur herumsteht, ist keinem gedient. Ebenso verhält es sich mit Geldern, die unproduktiv auf Bankkonten parken. Das sind vor Allem kurzfristige Anlagen auf dem Geldmarkt, z. B. Tagesgeldkonten, auf die man praktisch jeden Tag zugreifen kann. Diese Gelder kann die Bank nicht so ohne Weiteres langfristig verleihen und fehlen der Realwirtschaft für langfristige Investitionen.

Geldanlagen höher besteuern

Eine erfahrene Reiterin wird ein stehendes Pferd am Zügel führen, damit es sich in Bewegung setzt. In diesem Sinne kann auch der Staat Maßnahmen ergreifen, um parkende Gelder wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. Der Staat kann sichere Geldanlagen höher besteuern und auf diese Weise AnlegerInnen motivieren, in reale Werte zu investieren. Denkbar wäre eine Vermögensteuer in Höhe von 3% und Jahr auf alle sichere Geldanlagen über einem Steuerfreibetrag von 200 000 €, um die Kleinsparer zu schonen.

Die etablierten ökonomischen Institute glauben hingegen an die Selbstregulierung des Marktes und sind prinzipiell gegen eine höhe Besteuerung von Geldanlagen. Doch was ist, wenn in­folge einer anhaltend schwachen Konjunktur die Nachfrage nach sicheren Anlagen unverhältnismäßig stark ansteigt und der Realwirtschaft das Geld für Investitionen ausgeht? In einer solchen Situation wäre eine höhe Besteuerung sicherer Anlagen legitim und geboten. Doch die etablierten Institute werden eine solche regulatorische Maßnahme nicht befürworten. Sie verhalten sich wie eine unbeholfene Reiterin, die auf einem stehenden Pferd sitzt und darauf verzichtet, die Zügel in die Hand zu nehmen, um das Pferd zum Traben anzuleiten.

Nun gibt es Leute, die das Geld „an sich“ besteuern wollen. Eine solche Steuer erfüllt keinerlei Lenkungsfunktion und ist daher auch nicht legitimierbar, solange das umlaufende Bar- und Giralgeld seine Funktion als Zahlungsmittel erfüllt. Dies gleicht einer törichten Reiterin, die ihr Pferd anpeitscht, obwohl es brav trabt oder galoppiert.

Fazit

Das Problem der heutigen Geldwirtschaft ist nicht das Geld „an sich“ als Zahlungsmittel. Das Problem entsteht dann, wenn AnlegerInnen infolge einer anhaltenden Konjunkturschwäche ihr Geld verstärkt kurzfristig und risikofrei anlegen. In diesem Fall müssen sichere Geldanlagen höher besteuert werden, um den Überhang an parkenden Geldern wieder in die Realwirtschaft zurück zu schleusen.