Geld, Geldanlage, Zinsertrag

Christine und Hagen Graf

Die Begriffswelt der Geld- und Finanzwirtschaft erscheint vielen unklar und verwirrend. Wenn von Geld, Geldanlage, Kredit und Zinsen die Rede ist, dann tun sich sehr bald Verständnisprobleme auf. Eine korrekte Definition und Verwendung der Begriffe ist allerdings Voraussetzung dafür, geld- und finanzwirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen und die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Zwischen Geld und Geldanlage unterscheiden

Der Begriff Geld umfasst im engeren Sinne Münzen, Banknoten und Girokonten und dient dem Zahlungsverkehr. Wenn man sein Geld auf der Bank anlegt, dann ist dies eine Geldanlage, die in der Regel mit einem Zinsertrag verbunden ist. Der Zinsertrag erfüllt gleich zwei wichtige Zwecke. Die Leute legen das Geld, das sie nicht für Zahlungszwecke benötigen, auf der Bank an. Die Bank verbucht dies als Spareinlage und vergibt im Gegenzug Kredite an andere Wirtschaftsteilnehmer.

Die Reichen werden immer reicher

Doch leider hat die heutige Geld- und Kreditwirtschaft auch gravierende Nachteile. Personen mit hohen Geldvermögen werden durch Zins- und Zinseszins immer reicher. Dies ist eine Systemeigenschaft der Geldwirtschaft und geschieht ganz von selbst, ohne Zutun der Vermögenden. So erhält ein Millionär für seine Geldanlage bei einem Zinssatz von nur 1% einen Zinsertrag von 10 000 € im Jahr für jede angelegte Million. Ein solch unverhältnismäßiger Vermögenszuwachs ist ein Privileg der Reichen: Wo viel Geldvermögen ist, da kommt immer noch mehr dazu. Doch wie kommen die Zinserträge der Reichen eigentlich zustande? Wer „bezahlt“ diese letztendlich? Ist es nicht die arbeitende Bevölkerung, vorrangig die Mittelschicht, die die Zinserträge der Vermögenden verdienen und erwirtschaften muss? Ist es letztlich nicht eine Umverteilung von Geldvermögen von unten nach oben?

Zinsen belasten Kreditnehmer

Die heutige Geld- und Kreditwirtschaft hat noch einen weiteren Nachteil: Private Haushalte, Vereine, Unternehmen und Institutionen müssen für Bankkredite Zinsen bezahlen. Dies erschwert die Finanzierung von Investitionen und birgt die Gefahr der finanziellen Abhängigkeit, nicht nur für Haushalte und Unternehmen, sondern auch für Staaten. Ist nicht an jedem Tag in den Medien von Überschuldung, Umschuldung und Entschuldung die Rede? Es stellt sich also die Frage: Wie kann man die Zinsbelastung von Haushalten, Unternehmen und Institutionen nachhaltig reduzieren?

Schlussfolgerungen

Wenn die Analyse bis hierher richtig war, dann ergeben sich drei wichtige Forderungen: Erstens müssen sichere Geldanlagen höher besteuert werden, zweitens müssen 500-Euro-Scheine abgeschafft werden und drittens sollten Haushalte, Vereine, Unternehmen und Institutionen Zugang zu zinsfreien und zinsgünstigen Förderkrediten erhalten.

Sichere Geldvermögen müssen stärker besteuert werden, um den Zinseszinseffekt zu neutralisieren und die damit verbundene exponentielle Vermögensbildung zu beschränken. Das obige Beispiel vom Millionär verdeutlicht, dass es nicht genügt, Zinserträge wie bisher nur mit 25% zu besteuern. Mit einer Vermögensteuer könnte man Tages- und Festgeldkonten, Staatsanleihen und andere sichere Geldanlagen aus der Substanz besteuern. Ein großzügiger Steuerfreibetrag ermöglicht steuerfreies Sparen im Rahmen des Freibetrags und schont die Kleinsparer. Denkbar wäre eine Vermögensteuer auf alle sicheren Geldanlagen von 3% und Jahr über einem Freibetrag von 200 000 €. Auf diese Weise könnte man risikofreie Vermögenszuwächse durch Zins- und Zinsesszins wirkungsvoll beschränken.

Der Fiskus muss gewährleisten, dass Steuern auf Geldanlagen gleichmäßig erhoben werden. Vermögende Personen könnten versuchen, überschüssige Gelder, die über den Freibetrag von z. B. 200 000 € hinausgehen, einfach in Form von Geldscheinen zuhause aufzubewahren, z. B. in einem Heimtresor. Darum macht es Sinn, alle Geldscheine über 100 € abzuschaffen und nur noch Kleingeld für die täglichen Einkäufe im Umlauf zu lassen.

Schließlich sind neue Finanzierunginstrumente gefragt, mit denen sich Haushalte, Vereine, Unternehmen und Institutionen günstige Kredite besorgen können. Zinsfreie oder zinsverbilligte Förderkredite könnten dazu beitragen, die Finanzierung von nachhaltigen Investitionen zu erleichtern. Das können normale Bankkredite sein, die vom Staat bezuschusst werden, um die Zinsbelastung zu reduzieren. Die Vergabe der Förderkredite ist an strenge soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen, damit nur jene Investitionen gefördert werden, die zum Gemeinwohl beitragen.